Die Antiquariatsmesse Stuttgart wird im Januar 2021 zum ersten Mal in ihrer Geschichte coronabedingt nicht als physische, sondern virtuelle Messe stattfinden. Aber wie funktioniert eine "Virtuelle Messe"?
Wir sprachen mit Sibylle Wieduwilt, Antiquarin in Frankfurt und Vorsitzende des Verbandes Deutscher Antiquare.
Für alle, die noch auf keiner "virtuellen" oder "online" Messe gekauft oder gestöbert haben, was muss man sich darunter vorstellen?
Unsere "sogenannte" Onlinemesse soll wenigstens einen kleinen Ersatz für die, leider im kommenden Januar nicht stattfindende realen Antiquariatsmesse Stuttgart, darstellen. D.h. die Teilnehmer/Aussteller werden bis zu 20 Objekte mit jeweils bis zu 10 Fotos auf einer Onlineplattform hinterlegen. Dieses Angebot wird am 29.01.2021 um 12 Uhr, der sonst üblichen Messeöffnung, freigeschalten und bleibt bis zum 01.02.2021 um 24 Uhr sichtbar, dann wird sie wie eine reale Messe wieder geschlossen. Sobald die Messe freigeschalten, also zugänglich ist, kann gekauft werden. Neben einer Volltextsuche wird es die Möglichkeit geben nach Ausstellern und zahlreichen Sachgebieten zu suchen bzw. zu blättern. Sie können sich aber auch anhand eines virtuellen Saalplanes von Stand zu Stand klicken. Bestellungen können sie direkt per Mail oder natürlich Telefon an die anbietende Firma richten.
Woher kam die Idee und wie wurde sie von den Antiquaren und Antiquarinnen aufgenommen?
Durch die in alle Bereiche eingreifende Coronakrise waren auch wir gezwungen nach Alternativen zu einer physischen Messe bzw. Veranstaltung zu suchen. Weltweit haben sich zahlreiche Kunst- und Antiquariatsmessen in den virtuellen Raum verlegt und der Erfolg zeigt, dass zumindest auch ein Großteil der Kunden diesen Weg mittragen. Die Antiquar*innen können so einen Teil ihrer neu erworbenen Ware präsentieren und den Kontakt zu ihren oft nicht am selben Ort ansäßigen Kunden halten. Interessanterweise haben sich auch für unseren Katalog und die Onlinemesse zahlreiche Kollegen angemeldet, die entweder nicht mehr oder noch nie "physisch" in Stuttgart ausgestellt haben.
So bietet sich für alle, Kunden und Händler, die Möglichkeit neue Kontakte aufzubauen oder alte wiederzubeleben, auch wenn eine virtuelle Messe natürlich nie die persönliche Begegnung im realen Raum ersetzen und nur ein "Trostpflaster" für die entgangenen Gespräche oder Käufe/Verkäufe sein kann.
Insgesamt haben sich 76 Händler, darunter Händler aus Australien, den USA, Großbritannien, Schweiz, den Niederlanden, Frankreich und Österreich angemeldet. Dieses Interesse an einer Teilnahme zeigt uns doch, dass der eingeschlagene Ersatzweg der richtige ist.
Stuttgart plant auch einen erweiterten gedruckten Katalog?
Die Antiquariatsmesse Stuttgart hat, wie alle deutschen Messen, einen entscheidenden Vorteil gegenüber der meisten internationalen Messen - es gibt in jedem Jahr einen umfangreichen gedruckten Katalog, der an zahlreiche Kunden, die Presse und Kollegen verschickt wird. Da wir uns sicher waren, dass gerade in Zeiten wo keine physischen Begegnungen möglich sind ein Katalog in dem man hin- und herblättern und den man haptisch "begreifen" kann, einen großen Vorteil darstellt, haben wir beschlossen, dass jeder Teilnehmer 4 Seiten zur Verfügung gestellt bekommt, um seine interessantesten Titel und Neuzugänge anzubieten.
Werden die virtuellen Messen in Zukunft die Messen ersetzen?
Nein, dass können Sie gar nicht. Eine Messe lebt von den persönlichen Begegnungen und dem Austausch zwischen Händler und Sammler. Abgesehen davon, wollen sich viele unserer Besucher von dem breiten Angebot überraschen lassen, neue Bücher, Grafiken, Autografen etc. entdecken und diese dann auch in die Hand nehmen können. Eine virtuelle Messe kann das nur zu einem ganz kleinen Teil ersetzen, bietet aber natürlich in einer solchen "Notsituation" neue durchaus auch interessante Möglichkeiten. So haben wir z.B. unsere in diesem Jahr auf der Antiquariatsmesse begonnenen Buchgespräche auf dem "Roten Sofa" als "Das Rote Sofa Online" ins Netz verlegt. Und damit sich während der eigentlichen digitalen Messe jeder auf die Bücher konzentrieren kann, haben wir unsere Veranstaltungsserie bereits im Oktober begonnen.
Durch die technischen Möglichkeiten ist es heute überhaupt kein Problem mehr ein Livegespräch per Video mit den unterschiedlichsten Menschen auf der ganzen Welt zu veranstalten und was noch interessanter ist, jeder der teilnimmt hat die Möglichkeit über die Chatfunktion Fragen an die Teilnehmer zu stellen.
Aber, um ganz ehrlich zu sein, wir freuen uns jetzt schon riesig auf die Antiquariatsmesse 2022 in Stuttgart, wo wir mit all unseren Kunden, Freunden und Kollegen das 60. Jubiläum unserer Messe begehen und feiern werden.
Geschäftsstelle: Norbert Munsch
Seeblick 1, 56459 Elbingen
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Fax +49 (0)6435 909148
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